Spielt das Büro in Zukunft noch eine Rolle? Wir sprachen dazu mit Sabrina Schaal vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer, die als Projektleiterin Unternehmen bei der Einführung von New-Work-Konzepten unterstützt.
Corona hat gezeigt: Büroarbeit funktioniert auch ohne das Büro. So schätzen Arbeitnehmerinnen die größere Flexibilität, dass sie Fahrtzeit sparen und mitunter sogar produktiver arbeiten können.
Gleichzeitig leidet der Teamzusammenhalt sowie die Identifikation mit dem Unternehmen sowie der inoffizielle Austausch in der Kaffeeküche auch über Abteilungsgrenzen hinweg.
Welche Rolle spielt das Büro noch?
Welche Rolle spielt daher das Büro heute und in Zukunft? Hat das Office ausgedient oder muss es nur anders gedacht werden? Wir sprachen mit Sabrina Schaal von Drees & Sommer. Als Senior Consultant berät und begleitet sie Unternehmen bei der Umsetzung von New-Work- und Change-Management-Projekten.
FACTS: Frau Schaal, laut einer aktuellen Studie liegt die Auslastung deutscher Büros im laufenden Jahr bei nur 41 Prozent. Mobile Working ist heute nicht mehr Nice-to-have, sondern Standard. Hat das Büro damit ausgedient?
Sabrina Schaal: Aus meiner Perspektive hat das Büro definitiv seine Vorzüge. Es bietet eine strukturierte Arbeitsumgebung, in der Kollegen direkt miteinander kommunizieren können. Gleichzeitig haben wir durch Corona die Vorzüge von flexiblen Arbeitsweisen zu schätzen gelernt. Das wird sicher auch nicht mehr weggehen. Wir selbst stellen fest, dass die Flächenauslastung aktuell nur bei 30 bis 40 Prozent liegt – das deckt sich also mit den Zahlen der zitierten Studie. Hier ist natürlich reichlich Luft nach oben.
FACTS: Dass Arbeitnehmer lieber von zuhause aus arbeiten ist ja nachvollziehbar. Schließlich bietet Remote-Working zahlreiche Vorteile. Gleichzeitig sind die Arbeitgeber zu verstehen, die sagen: Nur Homeoffice ist schädlich für die Kultur. Wie kriegt man beides übereinander?
Schaal: Es muss darum gehen, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Das Büro als Arbeitsort hat daher weiterhin eine Berechtigung. Allerdings verändert sich die Rolle des Offices: Wenn ich konzentriert am Schreibtisch sitze, um Texte zu schreiben, Präsentationen oder Konzepte zu erstellen – dann kann ich das genauso gut oder vielleicht sogar besser von zuhause aus tun. Das Büro wird daher immer mehr zum Teamanker. Sprich der Ort für Kollaboration, Austausch, Zusammenkommen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom „emotionalen Lagerfeuer“. Das Ziel von New Work ist es daher, diese beiden Welten zusammenzubringen.
FACTS: Wie gelingt das in der Praxis?
Schaal: Generell muss erst mal ein Bewusstsein im Unternehmen vorhanden sein. Hier ist einiges in Bewegung gekommen – nicht zuletzt durch Corona und den härteren Kampf um Fachkräfte. So haben sich die Erwartungen der Arbeitnehmer massiv verändert. Viele Unternehmen nehmen sich daher diesem Thema an und sind auch bereit, in eine entsprechende Office-Gestaltung zu investieren. Das umfasst nicht nur entsprechende Flächenkonzepte, sondern auch Technologie. Und letztendlich muss dieser Wandel auch begleitet werden.
FACTS: Wie schaffe ich es denn, dass meine Mitarbeiter gerne ins Büro kommen und das nicht als Zwang verstehen?
Schaal: Für mich ist dies das Zusammenspiel von zwei Faktoren. Das ist zunächst einmal der Raum: Hier kann ich mit unterschiedlichen Modulen das aktivitätenbasierte Arbeiten fördern. Das bedeutet, ich kann mir für meine jeweilige Tätigkeit den idealen Raum suchen. Sei es ein Einzelbüro mit Schreibtisch für konzentriertes Arbeiten, ein Meeting-Raum mit verschiedenen Möglichkeiten, Konferenzen abzuhalten, oder auch die Cafeteria mit Terrasse, wo ich mich ungezwungen austauschen kann. Wichtig ist, dass der Raum mich nicht bei meiner Tätigkeit stören darf – vielmehr muss er diese unterstützen.
Das zweite Thema ist natürlich natürlich die Kultur – also das Miteinander. Dieses lässt sich durch kleine aber feste Events stärken. Wir starten etwa jeden Montag mit einem Weekly, in dem wir uns formell und informell Austausch. Wenn beides zusammenkommt, kann das Büro eine magnetische Wirkung entfalten.
FACTS: Es ist also nicht nur der schön eingerichtete Raum, sondern der Kollegenzusammenhalt?
Schaal: Absolut. Auf die Frage, was die Menschen am meisten an Ihrer Arbeit mögen ist die häufigste Antwort: Die Kollegen! Daher ist es wichtig, diesen Kontakt zu fördern. Wenn ich zum Beispiel über die Team-App sehe, morgen ist die Lieblingskollegin im Büro, buche ich mir vielleicht auch einen Platz. Wenn ich allein im Büro bin, dann habe ich mitunter die schönste und modernste Fläche zur Verfügung, bin aber trotzdem enttäuscht, dass ich keine Kollegen getroffen habe.
FACTS: Beim Thema New Work hat man Bilder von hellen, loungigen und sehr modernen Büroräume im Kopf. Als kleines oder mittelständisches Unternehmen habe ich aber mitunter gar nicht die Möglichkeiten, solche einladenden New-Work-Arbeitsplatz zu schaffen?
Schaal: Hier ist es wichtig erst einmal festzustellen: New Work ist nicht nur Schwarz oder Weiß. Sprich: Entweder biete ich eine High-Level-Lösung an oder gar nichts! Gerade der Mittelstand hat hier viele Möglichkeiten. Wichtig ist es, sich als Organisation darüber bewusst zu werden. In unseren Workshops fragen wir daher immer: Was ist die DNA eures Unternehmens? Was zeichnet eure Kultur aus? Was ist euer Ziel von New Work. Diese Fragen bilden den Grundstein, um dann ein individuelles Office-Konzept zu entwickeln. Dann können auch kleine Maßnahmen großes bewirken.