In einer sich ständig verändernden Arbeitswelt suchen immer mehr Menschen nach flexiblen und kreativen Lösungen, um Beruf und Lebensqualität in Einklang zu bringen. Eine aufstrebende Form der Arbeitsorganisation, die genau diesen Ansprüchen gerecht wird, ist die sogenannte „Workation“. Doch auch hier gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile.
Der Begriff „Workation“ setzt sich aus den Wörtern „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub) zusammen. Es handelt sich also um eine Mischung aus Arbeit und Urlaub. Anders als bei herkömmlichen Arbeitsmodellen, die an einen festen Arbeitsort gebunden sind, ermöglicht es Workation den Arbeitnehmern, ihre beruflichen Aufgaben von einem Urlaubsort aus zu erledigen. Dabei werden moderne Technologien wie Internetzugang und Online-Kollaborationstools genutzt, um die Arbeit ortsunabhängig zu gestalten.
Neben den Fortschritten in der digitalen Kommunikationstechnologie, die nahtlose Zusammenarbeit unabhängig vom physischen Standort ermöglichen, haben weitere Faktoren die Verbreitung von Workation beeinflusst. So hat beispielsweise die Coronapandemie die Akzeptanz von Remote-Arbeit erheblich beschleunigt. Viele Unternehmen sahen sich gezwungen, ihre Arbeitsmodelle anzupassen, was dazu beigetragen hat, dass sich sowohl Arbeitgeber als auch ihre Beschäftigten immer mehr für flexible Konzepte öffneten.
Offenheit für Workation variiert je nach Branche
Der Grad, in dem Unternehmen eine Kultur der Flexibilität praktizieren und Offenheit für Workation zeigen, variiert allerdings. In Branchen mit einem starken Fokus auf kreative Zusammenarbeit und Innovation lasst sich Workation leichter umsetzen. In solchen hingegen, in denen physische Präsenz und spezifische Arbeitsumgebungen unerlässlich sind, ist das Modell kein Thema. Zudem hängt die Bereitschaft der Angestellten, Workation in Anspruch zu nehmen, nicht nur von der Natur ihrer Aufgaben ab, sondern auch von ihren individuellen Präferenzen und Verpflichtungen.
Großes Interesse für Workation
Doch wie beliebt ist Workation überhaupt bei Arbeitnehmern? Laut der aktuellen ADAC Tourismusstudie „So wollen die Deutschen nach drei Krisenjahren reisen“, besteht seitens der Berufstätigen, wenn die Art des Arbeitsplatzes Workation zulässt, überwiegend großes Interesse. So zeigten sich zwei Drittel an Workation (stark) interessiert und betrachteten das Modell als eine besondere Form der Work-Life-Balance. Knapp jeder Zehnte nutze Workation bereits oder habe die Zusage, das auf Wunsch tun zu können. Dabei gäben Arbeitgeber teilweise Einschränkungen vor, zum Beispiel die Anzahl an Workation-Tagen oder den Arbeitsort (häufig beschränkt auf Deutschland). Teilweise werde Workation aber auch ohne definierte Absprachen ermöglicht.
Insgesamt ist das Modell laut der ADAC-Umfrage jedoch noch nicht sehr weit verbreitet.: „Workation stößt auf reges Interesse, ist aber bislang noch kein Trend“, lautet ein Ergebnis der Untersuchung. Das Konzept sei bisher nur knapp jedem Fünften bekannt. Für etwa 60 Prozent der Berufstätigen sei es nach eigener Auskunft nicht realisierbar. Ein besonders hohes Potenzial für Workation zeige sich tendenziell in den Berufsfeldern Organisation/Projektmanagement, IT/Telekommunikation sowie Beratung.
Inanspruchnahme von Workation: Eine Frage des Verdiensts
„Nicht überraschend ist, dass die Nutzung von Workation mit dem Haushaltsnettoeinkommen in Zusammenhang steht.“ Zu diesem Schluss kam die aktuelle PwC-Studie „Workation zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ – die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft befragte 1.000 Berufstätige zu ihren Erfahrungen, zu dem Angebot ihrer Arbeitgeber, und zu ihren Wünschen sowie zur Wichtigkeit von Workation bei der Jobauswahl.
„Während erst zwei Prozent der Befragten mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2.000 Euro mehrmals von der flexiblen Arbeitsmöglichkeit im Ausland Gebrauch gemacht haben, waren es bei 2.000 Euro bis unter 4.000 Euro bereits 15 Prozent. Bei den beiden Gruppen mit einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 4.000 Euro bis unter 6.000 Euro und von mehr als 6.000 Euro lag der Wert bei jeweils 21 Prozent.“ Mit Blick auf die Geschlechter werde eine Lücke deutlich: Von den männlichen Befragten habe bereits jeder zweite schon ein- oder mehrmals vom Ausland aus gearbeitet. Bei den teilnehmenden Frauen seien es demgegenüber nur 33 Prozent gewesen.
Der PwC-Befragung nach beeinflussen die Homeoffice-Regelungen der Arbeitgeber ebenfalls die Workation-Erfahrung: Am größten sei diese in den Unternehmen, bei denen die Beschäftigten jederzeit von zu Hause aus arbeiten können, ohne dies abstimmen zu müssen. Arbeitgeber, die das Arbeiten aus dem Ausland erlauben, gestatteten ihren Mitarbeitenden dafür durchschnittlich 30 Tage im Jahr. Die StudienteilnehmerInnen wünschten sich im Durchschnitt 45 Tage an.
Großunternehmen offener für Workation
Und schließlich spiele beim Workation-Angebot die Größe des Unternehmens eine Rolle. So erlaubten es Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ihren Mitarbeitenden tendenziell häufiger, mobil aus dem Ausland zu arbeiten, fanden die PwC-Analysten heraus. Innerhalb der EU seien es 39 Prozent gegenüber 33 Prozent bei den kleineren Unternehmen, außerhalb der EU 20 Prozent gegenüber zwölf Prozent.
Wie jede andere Arbeitsform weist Workation sowohl Vor- als auch Nachteile auf. Zu den Vorzügen zählen zunächst eine beispiellose Flexibilität und Freiheit in Bezug auf die Wahl des Arbeitsortes. Ob in einem Café in Barcelona, einem Co-Working-Space in Bali oder einer Berghütte in den Alpen – die Möglichkeiten sind vielfältig. Zudem führt ein Tapetenwechsel oft dazu, dass Mitarbeiter ihre Kreativität entfalten und neue Perspektiven gewinnen. Somit kann Arbeiten an einem inspirierenden Ort die Produktivität steigern, da Mitarbeiter von ihrem üblichen Umfeld wegkommen und in einer neuen, stimulierenden Umgebung arbeiten.
Vorteile und Nachteile von Workation
Ferner ermöglicht es Workation, Arbeit und Freizeit besser zu vereinen. Mitarbeiter sind in der Lage, ihre Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, um persönlichen Interessen und Aktivitäten nachzugehen. Dies trägt dazu bei, die Work-Life-Balance zu verbessern und Burnout vorzubeugen.
Doch auch für Arbeitgeber ergeben sich aus dem Workation-Konzept einige Vorteile. Beispielsweise weil Beschäftigte zunehmend flexible Arbeitsmodelle schätzen, können Unternehmen, die Workation anbieten, ihre Attraktivität für Fachkräfte steigern und Talente aus verschiedenen Teilen der Welt anziehen. Neben besseren Chancen bei der Rekrutierung haben sie zudem die Möglichkeit, die Mitarbeiterbindung zu stärken.
Darüber hinaus lassen sich für Unternehmen dank Workation – wie auch durch Homeoffice – deutliche Kostenersparnisse realisieren. Traditionelle Büros und Arbeitsräume können teuer sein. Durch die Förderung von Workation-Modellen lassen sich Ausgaben für Büroräume und ‑ausstattung deutlich reduzieren. Und nicht nur das – der ökologische Fußabdruck lässt sich ebenfalls verringern, wenn weniger physische Büroflächen benötigt werden.
Somit bietet Workation eine Reihe von Vorteilen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmen und trägt dazu bei, die Art und Weise, wie wir arbeiten, zu transformieren. Doch neben den Vorzügen gibt es auch Nachteile. So kann etwa die Distanz zu Kommunikationsproblemen führen. Ein effektives Kommunikationssystem und klare Absprachen sind daher entscheidend.
Auch können Zeitzonendifferenzen in global verteilten Teams zu herausfordernden Situationen führen. Es erfordert eine gute Planung und Abstimmung, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder effizient zusammenarbeiten. Und nicht zu unterschätzen: Neue Orte können Ablenkungen mit sich bringen. Es erfordert Disziplin, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn man von der gewohnten Umgebung abweicht.
Was die technischen Aspekte angeht, ist es von zentraler Wichtigkeit, dafür zu sorgen, dass die technologische Infrastruktur und die Sicherheitsvorkehrungen den Anforderungen entsprechen, insbesondere wenn sensible Daten von externen Orten aus bearbeitet werden.
Rechtliche Aspekte
Last, not least, sind auch rechtliche Aspekte unbedingt zu berücksichtigen. „Selbst bei Aufenthalten in europäischen Ländern lauern steuer‑, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fallstricke, die Unternehmen immer vorab prüfen sollten“ gibt Dr. Jana-Denise Weber, Director bei PwC Deutschland, zu bedenken. „Diesbezügliche Versäumnisse im Nachhinein auszubügeln, ist oftmals sehr zeit- und kostenintensiv.“ Die unabhängige Plattform Kununu rät ebenfalls dazu, sich über mögliche steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen zu informieren. Diese Regelungen unterscheiden sich bei Aufenthalten inner- und außerhalb der EU.
Workation: Eine Option für die Zukunft
„Ob Workation als Entsendung gilt, hängt im Übrigen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer des Auslandsaufenthalts, der Art der Arbeit und den Regelungen im Arbeitsvertrag“, klärt Kununu auf. „Bei einer Entsendung handelt es sich um eine vorübergehende Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Ausland im Auftrag des Arbeitgebers. Workation hingegen ist ein flexibles Arbeitsmodell, bei dem Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz frei wählen und Arbeits- und Freizeitaktivitäten kombinieren.“
Workation stellt zweifellos eine aufregende Entwicklung in der Arbeitswelt dar, die eine Möglichkeit bietet, Arbeit und Lebensqualität optimal zu vereinen. Die Vorteile sowohl für Unternehmen als auch für ihre Beschäftigten, wie Flexibilität und gesteigerte Produktivität, sind offensichtlich. Doch es ist wichtig, die Herausforderungen und Risiken eines solchen Konzepts im Auge zu behalten und geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten. In einer Zeit, in der die Arbeitsmodelle sich ständig weiterentwickeln, könnte Workation eine vielversprechende Option für die Zukunft der Arbeit sein.
Checkliste
Um eine gelungene Work-Life-Balance während der Workation zu finden, gilt es, einige Punkte unbedingt zu berücksichtigen. Die unabhängige Plattform Kununu empfiehlt folgende Strategien.
- Feste Arbeitszeiten: Klare Arbeitszeiten setzen und darauf achten, sie einzuhalten. Das hilft, Arbeit und Freizeit voneinander zu trennen und verhindert, dass man ständig „on“ ist.
- Kommunikation mit dem Arbeitgeber und KollegInnen: Team und Vorgesetzte über die Workation informieren und Erwartungen bezüglich Erreichbarkeit und Arbeitszeiten klären.
- Arbeitsumgebung: Einen festen Arbeitsplatz einrichten, der vom Freizeitbereich getrennt ist. Dies hilft, mentale Grenzen zwischen Arbeit und Erholung zu ziehen und fokussierter zu arbeiten.
- Pausen und Freizeitaktivitäten einplanen: Bewusst Pausen und Freizeitaktivitäten einplanen, um einen Ausgleich zur Arbeit zu schaffen und das Beste aus der Workation herauszuholen.